Eine Reise voller Verbundenheit und Freundschaft.
Gewaltige Berge und funkelnde Sterne begrüßten mich, als ich am Flughafen El Alto in Bolivien ankam, dem höchstgelegenen Flughafen der Welt. Schon dort spürte ich die Magie dieses faszinierenden Landes. Die einfache Lebensweise und das geschäftige Treiben der Menschen, begleitet vom Hupen der Autos, verzauberten mich.
Am nächsten Tag machte ich mich voller Vorfreude auf den Weg zu den Spezialitäten-Kaffee-Shops. Mein Herz begann schneller zu schlagen. In dieser quirligen, atemberaubenden und verrückten Stadt La Paz entdeckte ich eine Vielzahl von Cafés, die meine Sinne verwöhnten. Jedes einzelne Café war mit so viel Liebe und Sorgfalt gestaltet, dass es mich beeindruckte. Was das Equipment für den Barista betrifft, so ist es eher normal und es gibt keine hochwertigen Maschinen und Zubehör. Doch schnell wurde mir bewusst, dass nicht jeder Zugang zu gutem Kaffee hatte. Die Kaffeeproduktion in Bolivien mag zwar gewachsen sein, aber der Großteil des Kaffees wird für den Export verwendet, während nur wenig im Land selbst bleibt. Auf meiner Reise stieß ich immer wieder auf Instantkaffee oder verdünnte Kaffeekonzentrate, die für mich ungenießbar waren.
Entschlossen machte ich mich auf den Weg zu den Kaffeeplantagen und Kaffeeproduzenten in Taipiplaya. Dort wurde ich von einer wunderbaren Gemeinschaft empfangen, die mit echter Hingabe die Kunst des Kaffeeanbaus und der Kaffeeverarbeitung ausübte. Die Landschaft nahm mir den Atem und die pure Lebensfreude der Menschen steckte mich an. Ich erkundete die Kaffeeplantage, und jedes Detail davon war von Transparenz und Vertrauen geprägt. Die Mischkultur aus Arabica-Pflanzen, die sanft an den Hängen wucherten, und die verschiedenen Bäume, die ihnen wertvollen Schatten spendeten, verliehen der Plantage eine ganz besondere Atmosphäre.
Das Waschen und Entpulpen der Kirschen sowie das Trocknen der Bohnen mögen auf den ersten Blick einfach erscheinen, doch ihre Wirksamkeit war beeindruckend. Es war erstaunlich zu sehen, wie viel handwerkliches Geschick und Liebe in die Produktion dieses köstlichen Getränks floss.
Meine größte Freude jedoch erlebte ich in Shanti, auf der Kaffeeplantage MUNAIPATA. Hier entstand mein Herzensprojekt, TRES LLAMAS Café. Shanti wirkte wie ein kleines Paradies, so herrlich grün, blumig und friedlich. Ich hatte Glück, denn das Rösten war gerade im Gange. Pascuala, eine Mitarbeiterin, röstete äußerst sorgfältig und gewissenhaft. Voller Aufregung stellte ich mich zu Pascuala und genoss diesen Moment - wie gut frisch gerösteter Kaffee duftet. Aufgrund von Corona ist der Absatz von MUNAIPATA-Kaffee zurückgegangen, dafür gab es unterschiedliche Gründe. Zum einen gab es kaum Abnehmer für den Kaffee, der Export war zurückgegangen und die Touristen waren weggeblieben. Dadurch mussten sich die Kaffee-Produzenten anderweitig orientieren. Inzwischen ist MUNAIPATA kleiner geworden, die Touristen für die Kaffee-Tour fehlen nach wie vor und der Verkauf von Kaffee MUNAIPTA könnte besser sein. Eine unsichere Stimmung lag in der Luft - Fragen wie "Wie geht es weiter?", "Was können wir verbessern?" und "Wo sollen wir anfangen?" sind tägliche Gedankengänge von René Brugger, der vor 10 Jahren MUNAIPATA aufgebaut hatte. Bei diesem vertrauensvollen Austausch spürte ich Traurigkeit... René ist über 75 Jahre alt und müde von all den notwendigen Kämpfen. MUNAIPATA droht zu verschwinden. Die ganze Arbeit auf der Kaffeeplantage, die Mitarbeiter, der Kaffee, das Wissen - alles wird verloren gehen...
Wenn ich die Sache von außen betrachte, habe ich das Gefühl, dass Unterstützung fehlt. Es ist unmöglich, diese Herausforderung alleine zu bewältigen oder besser gesagt, anzugehen. Kennt ihr diesen Punkt, an dem die eigene Energie so weit unten ist, dass es schwerfällt, weiterzumachen? So empfand ich die Situation in Shanti. Natürlich kam nach diesen Gesprächen die Frage in mir auf, wie ich helfen kann und was möglich wäre. Nach ein paar Tagen intensiver Gespräche haben wir eine machbare Möglichkeit gefunden. Der Weg wird allerdings schwierig sein und mit viel Bürokratie und Zeitaufwand verbunden sein. Die nächsten Schritte liegen bei mir. Ich weiß nicht, ob ich das alleine schaffe, aber ich gehe dafür los.
In ein paar Wochen, wenn die Basis der vorgegebenen Vorschriften klar sein wird, werde ich hier weiter darüber berichten.
Geschrieben von Karina Stummreiter